Auswanderbriefe aus

Nordamerika

»Es lohnt sich«, so der ehemalige Bundespräsident Johannes Rau, »den Spuren vom Weggehen und Ankommen nachzugehen. Sie erzählen viel über unsere eigene Vergangenheit, und sie können uns helfen zu verstehen, dass es Zuwanderung und Auswanderung und die damit verbundenen Chancen und Probleme nicht erst seit wenigen Jahrzehnten gibt«.

"Alle Menschen sind dort gleich ..."

"Alle Menschen sind dort gleich..."

Die Auswanderung von über 6 Millionen Deutschen nach Nordamerika zwischen 1820 und 1930 - zusammen mit rund 25 Millionen anderen Europäern - nimmt nicht nur in der jeweiligen nationalen Sozialgeschichte einen wichtigen Platz ein, sondern verdient auch als Teil einer der größten "freiwilligen" Bevölkerungsbewegungen der Neuzeit Beachtung.

Darstellungen und Quellenauswahl sollen alle wesentlichen Etappen und Aspekte des Gesamtvorganges von Wanderung und Anpassung dokumentieren: Von sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen in Deutschland, möglichen Auswanderungsgründen und -motiven und staatlicher Auswanderungspolitik über Abwicklung und Umstände der Reise bis hin zur Niederlassung in den USA, ökonomischen Chancen und Siedlungsmustern, Assimilation und Integration und der Rolle, die eine sich entwickelnde deutsch-amerikanische Kultur spielte. Inhaltlich geht es nicht allein um die "objektive" Realität, sondern auch um die Perspektive der Betroffenen, die sich in autobiographischem Material (Briefen, Tagebüchern etc.) niedergeschlagen hat.

Auszüge aus dem Vorwort

Die Reihe 'Historisches Seminar' antwortet auf das Bedürfnis, fundierten Zugang zu wichtigen historischen Themen zu finden. Dies gilt gleichermaßen für Hochschullehrer, Studierende, praktizierende Lehrer und ein an differenzierteren historischen Fragestellungen interessiertes Publikum. In dieser Reihe führen ausgewiesene Autoren in Problematik und Forschungsstand ein und legen eine Auswahl von besonders wichtigen, teil schwer zugänglichen Quellen vor.

Fremdländisch anmutende Gestalten, früher eher ein Privileg von Hafenständten und Standorten international berühmter Universitäten, sind heute in der Bundesrepublik häufiger anzutreffen als je zuvor. Die Auseinandersetzung im Gastarbeiter und Asylanten hat auf dem Hintergrund der Arbeitslosigkeit erheblich an Schärfe gewonnen. Das böse Schlagwort vom Wirtschaftsasylanten, erschreckend brutale Türkenwitze und Brandsätze in Asylantenunterkünften zeugen von nicht nur latenten Überfremdungsängsten und virulentem Fremdenhaß.

Ein Buch, das sich mit deutscher Auswanderung befaßt, ist deshalb von Haus aus auch ein aktuelles politisches Buch. Die deutschen Auswanderer waren keineswegs immer politisch oder religiös Verfolgte; der größte Teil zog aus wirtschaftlicher Bedrängnis, aus einer Region mit hohen Bodenpreisen und niedriger Bezahlung der Arbeitskraft in das Land mit den besseren wirtschaftlichen Chancen, wo Boden relativ billig und die Arbeitskraft gesucht war. Diese Erkenntnis nötigt zu einem Perspektivenwechsel, der unsere Einstellung zu heutigen Migrationen nicht unberrührt lassen dürfte.